Geschwister Scholl Preis 2024 für Katerina Gordeeva
Am 26.11.2024 wurde der diesjährige Geschwister Scholl Preis verliehen. Preisträgerin ist die russische Journalistin Katerina Gordeeva. Ihr eindrucksvolles Buch „Nimm meinen Schmerz“ gibt insbesondere den weiblichen Opfern des russischen Angriffskrieges in der Ukraine eine Stimme.
Sinn und Ziel des Preises
Der Geschwister Scholl Preis wird seit 1980 von der Landeshauptstadt München und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels verliehen. Er würdigt ein Buch, „das im weitesten Sinne an das Vermächtnis der Geschwister Scholl erinnert, von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen und ästhetischen Mut zu fördern“. Zu den Preisträger*innen der vergangenen Jahrzehnte gehörten – um nur einige Namen zu nennen – Reiner Kunze, Viktor Klemperer, Anna Politkowskaja und David Grossmann. Die Preisverleihung fand auch in diesem Jahr in der Großen Aula der Ludwig-Maximilians-Universität in München statt.
Das Leid des Krieges dokumentieren – und die Verantwortung
2024 ging der Preis an die russische Journalistin Katerina Gordeeva für ihr Buch „Nimm meinen Schmerz. Geschichten aus dem Krieg“. Gordeeva wurde 1977 im russischen Rostow am Don geboren – nicht weit von der ukrainischen Grenze. Sie machte sich in Russland einen Namen als Journalistin und Dokumentarfilmerin. Nach der russischen Annexion der Krim ging Gordeeva ins Exil nach Lettland. Aufgrund ihres kritischen Blicks auf die politischen Verhältnisse in Russland wurde sie von der russischen Regierung zur „ausländischen Agentin“ erklärt. Ihr Buch „Nimm meinen Schmerz“ umfasst 24 Porträts von Überlebenden, die die Realität des Krieges schmerzhaft deutlich machen – und auch Gordeevas eigene schwierige Rolle als Reporterin, die selbst aus dem Land der Aggressoren kommt. „Katerina Gordeeva“, so fasste es die ZEIT-Journalistin Alice Bota in ihrer eindringlichen Laudatio zusammen, „hört den anderen zu. Sie dokumentiert das Leid der Ukraine und sie dokumentiert die Verantwortung der Russen für dieses Leid“.
Gewissensgründe
In ihrer Dankesrede versuchte Gordeeva das menschliche Leid und ihre eigene Fassungslosigkeit begreifbar zu machen. „Der Schmerz, die Trauer und das Leid, die der Krieg hunderttausenden von Menschen brachte, wurden auch zu meinem Schmerz.“ Und sie erinnerte auch an diejenigen Menschen in Russland, die gegen die Diktatur in ihrem eigenen Land aufbegehren und dafür mit Verfolgung und Haft bestraft werden: „Meine Freundin Schenja ist eine Gefangene aus Gewissensgründen. Sie hat sich gegen den Krieg ausgesprochen. Sie hat nicht geschwiegen und nicht so getan, als ob nichts geschehen wäre. Sie konnte nicht mehr so weiterleben wie bisher. Und jetzt sitzt sie im Gefängnis.“
Ein besonderer Abend
Auch Mitglieder der Schulfamilie des Sophie Scholl Gymnasiums waren zur Verleihung des Geschwister Scholl Preises eingeladen. Hierfür geht unser herzlicher Dank an den Börsenverein des Deutschen Buchhandels! Wir durften einen besonderen Abend erleben – und eine Preisträgerin, die durch ihre Traurigkeit, ihr Einfühlungsvermögen und ihren Mut beeindruckte.
Elisa Griesbeck, Q12